Stakeholder Forum - Breakoutsession 1
Was folgt aus der Marktpotenzialanalyse – Wie die Chancen nutzen?
In Gruppe 1 der Breakoutsessions nutzen die Teilnehmenden die Gelegenheit zusammen mit Moderator Dr. Beat Vinzent (LfL) und den Impulsgebern über Anbauverfahren, Qualitätsanforderungen und Vermarktung von Kulturen mit Potenzial zu diskutieren.
Dr. Burkhard Schaer, Mit-Geschäftsführer von ECOZEPT
Burkhard Schaer ist Wissenschaftler und Berater im Bereich Land- und Lebensmittelwirtschaft. Er beschäftigt sich vor allem mit ländlicher und nachhaltiger Entwicklung, Märkten für ökologische Lebensmittel, typischen und herkunftsgebundenen Lebensmitteln. Nach fünfjähriger Lehr- und Forschungstätigkeit an der Technischen Universität München war er im Jahr 2000 Mitbegründer des Ingenieurbüros ECOZEPT. Das deutsch-französische ECOZEPT-Team hat in über 400 Projekten Unternehmen und politische Institutionen beraten und führt regelmäßig internationale Forschungsprojekte (z. B. Horizon Europe) durch.
Nähere Informationen zu ECOZEPT finden Sie hier.
Jasmin Dold, Senior Projektmanagerin New Protein Solutions, BayWa AG
Jasmin Dold ist studierte Lebensmitteltechnologin, hat sich bereits zur Masterarbeit am Fraunhofer Institut für Verfahrenstechnik und Verpackung mit Lupinenproteinen für Käsealternativen beschäftigt und forschte zur Verwendung von Mandel- und Mungbohnenproteinen als Käsealternative.
Seit 2022 ist Jasmin Dold bei der BayWa New Protein Solutions als Projektmanagerin tätig. Hier beschäftigt sie sich hauptsächlich damit, aus regionalen, pflanzlichen Rohstoffen und Spezialitäten kundenzentrierte Ingredientlösungen für die Lebensmittelindustrie zu entwickeln. Ihr ist es insbesondere ein Anliegen, die Bedürfnisse der Landwirtschaft und die der Lebensmittelindustrie zu erkennen und miteinander zu verknüpfen – sowohl wirtschaftliche als auch technologische Aspekte spielen hier eine wichtige Rolle. Im Bereich der BayWa Venture Aktivitäten ist Jasmin Dold zuständig für die technologische Bewertung potenzieller Start-up Invests und den operativen Support des bestehenden Start-up Portfolios.
Nähere Informationen zu New Protein Solution www.baywa.com
Zusammenfassung der wichtigsten Diskussionspunkte
Besonders große Potenziale sehen die Teilnehmenden für die Feldfrüchte Erbsen, Ackerbohnen und Sojabohnen, weil hieraus Mehle, Konzentrate und Isolate hergestellt werden können, für die es in der Lebensmittelindustrie viele Verwendungsmöglichkeiten gibt. Die Potenziale für Erbsen und Ackerbohnen entwickeln sich auch deshalb positiv, weil viele Hersteller nach Rohstoffalternativen mit einem niedrigen Allergierisiko suchen. Daneben lassen sich Früchte mit geringeren Potenzialen in Wert setzen, was jedoch mit einem deutlich höheren Aufwand verbunden ist.
In der Diskussion wurde aber auch festgestellt, dass es in der Wertschöpfungskette zwischen Anbau und Konsum eine ganze Reihe an Herausforderungen gibt, die darüber entscheiden, ob mehr innovative Lebensmittel aus heimischem Anbau auf den Tellern landen. Der hohe Anteil an nicht für die Humanernährung geeigneten Nebenprodukten bei der Herstellung von Konzentraten (z. B. Proteinkonzentrat aus Erbsen: proteinreiches Zielprodukt 30 %, Nebenprodukte 70 %) verteuert das Endprodukt. Ein Lösungsansatz könnte hier sein, eine Kreislaufwirtschaft zu etablieren und für Nebenprodukte eine höherwertige Verwendung zu finden.
Eine schwankende Qualität der Rohprodukte bereite häufig Schwierigkeiten in der Verarbeitung, wirke sich aber auch auf die Qualität der Endprodukte aus. Die Schaffung von transparenten Lieferketten, die für eine sortenreine Erfassung und Verarbeitung sorgen, sowie eine gute Aufbereitung können hier Abhilfe schaffen. Durch die Etablierung von regionalen Knotenpunkten können die Transportwege zwischen Erzeuger und Verarbeiter kurz gehalten werden (ca. 50 km) und die Transportlogistik schlagkräftig ausgerichtet werden. Bei Produkten mit geringer Volumendichte, wie z.B. Hafer, können mobile Schälmühlen oder andere mobile Aufbereitungseinrichtungen dafür sorgen, die Transportkosten zu senken.
In der Diskussion wurde auch folgende Überlegung aufgegriffen: In manchen Fällen kann es für Landwirte sinnvoll sein, neben dem Anbau auch die Aufbereitung und evtl. die Veredelung bis zum konsumreifen Produkt zu übernehmen. Laut Aussagen von Betrieben, die bereits in der Wertschöpfungskette aktiv sind, liegt in allen Arbeitsschritten nach der Urproduktion der größte Veredlungsgewinn. Voraussetzung ist die Verfügbarkeit der erforderlichen Kapazitäten wie Arbeitskraft und Investitionskapital.
Damit Unternehmen aus eigenem Antrieb in Verarbeitungsanlagen investieren, seien Anreize erforderlich. Dies können (wirtschafts-)politische Maßnahmen sein, wie z. B. die Förderung von innovativen regionalen Produkten in der Gemeinschaftsverpflegung, so der Vorschlag einzelner Diskussionsteilnehmer.
Die Kommunikation zwischen Erzeugern und Verarbeitern sei leichter zu bewerkstelligen als die Kommunikation bis hin zum Verbraucher. Ansätze für verbrauchernahe Maßnahmen wurden in der Diskussionsgruppe konkret benannt. Ein gutes Story-Telling, beispielsweise durch die Vorstellung von Landwirten in Kantinen, eine Stärkung des Kochhandwerks über Kochkurse oder Coaching (z. B. im LeguNet, Haus der Kost im Auftrag der Stadt München) und das Anbieten von besonders leckeren Gerichten oder Gerichten mit regionaler Tradition (z. B. Schwäbische Linsen mit Spätzle und Saitenwürstchen) in der Gemeinschaftsgastronomie sind Voraussetzungen für eine gelingende Kommunikation.
Die Meinung der Diskussionsteilnehmer kann wie folgt zusammengefasst werden: Insgesamt sind die Aussichten für mehr innovative Lebensmittel aus heimischem Anbau gut. Eine große Stärke ist die Innovationskraft der mittelständischen Wirtschaft. Mit dem Argument einer regionalen Herkunft und evtl. weiteren Argumenten wie einer klimafreundlichen Erzeugung können Konsumenten erreicht werden, auch wenn das Preisniveau der Produkte über demjenigen für Importware liegt.